Plowdiw [ˈpɫɔvdif] (gebräuchliche Transliteration Plovdiv, bulgarischПловдив; türkisch Filibe) ist mit etwa 366.779 Einwohnern die zweitgrößteStadt Bulgariens. Sie liegt in der Thrakischen Ebene an beiden Ufern derMariza unweit der Rhodopen. Die Stadt ist das Verwaltungszentrum der gleichnamigen Gemeinde und der Provinz sowie Sitz von zwei weiteren Gemeinden, (Mariza und Rodopi). Des Weiteren hat die bulgarisch-orthodoxe Diözese von Plowdiw in Plowdiw ihren Sitz. Plowdiw wird dieKulturhauptstadt Europas 2019.
Inhaltsverzeichnis
Geographie
Plowdiw liegt in der Thrakischen Ebene an beiden Ufern der Mariza am Fuße der Rhodopen. Es umfasst die folgenden sechs Hügel (Tepe, aus dem Persischen): Nebet Tepé, Dschambas Tepé, Taksim Tepé (diese drei Hügel liegen im Zentrum, ursprünglich wurde die antike Stadt auf ihnen gebaut), Sachat Tepé, Dschendem Tepé und Bunardschik. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts existierte noch ein weiterer Hügel, Markowo Tepé, der aber zerstört wurde. Die nächstgelegenen größeren Städte um Plowdiw sind (im Norden beginnend im Uhrzeigersinn): Karlowo (58 km), Stara Sagora (90 km), Burgas (270 km),Swilengrad (140 km) bzw. Assenowgrad (19 km), Smoljan, Pasardschik (37 km) und Sofia (150 km).
Bevölkerung
Bevölkerungsstruktur
Im Frühjahr 2011 fand die bisher letzte Volkszählung statt, die gleichzeitig die erste nach der Aufnahme Bulgariens in die Europäische Union war. Da sie EU-Vorgaben unterlag, gab es die Möglichkeit, Fragen nach ethnischer und religiöser Zugehörigkeit sowie nach der Muttersprache nicht zu beantworten. Nur 308.866 Bürger Plovdivs beantworteten die Frage nach der ethnischen Zugehörigkeit. Von ihnen bezeichneten sich 277.804 als Bulgaren, 16.032 als Türken, 9438 als Roma, und 3105 Personen gaben eine weitere ethnische Zugehörigkeit an.[5]
Einwohnerentwicklung
Die wechselnden Einwohnerzahlen resultieren teilweise auch aus dem jeweiligen Gebietsstand.
Die Zahlen[7] stammen von:
- Volkszählungen (¹),
- Schätzungen (²) oder
- amtlichen Fortschreibungen der Statistischen Ämter (³).
Persönlichkeiten
Politik
Oberbürgermeister seit 2007
Die Bürgermeisterwahlen im Jahr 2007 wurden von Slawtscho Atanassow, Kandidat der VMRO-BND im ersten Wahlgang mit 53,65 Prozent der Stimmen (59,143 Stimmen) gewonnen.[8] Ihm gelang allerdings nicht die Wiederwahl im Oktober 2011, als er Iwan Totew, dem Kandidaten der GERB-Partei, knapp im zweiten Wahlgang mit 49,16 Prozent der Stimmen (68.533 Stimmen) unterlag. Der siegreicheTotew erhielt 70.871 Wahlstimmen.[9]
Stadtrat
Der Stadtrat von Plowdiw besteht aus dem Oberbürgermeister und der von der Gemeindeordnung vorgeschriebenen Anzahl von 51 Stadtratsmitgliedern. Der Stadtrat fungiert gleichzeitig als Gemeinderat und ist für die Kontrolle aller Bürgermeister der Gemeindeortschaften zuständig. Alle vier Jahre wird der Stadtrat neu gewählt. Die nächste Wahl findet 2015 statt. Die Sitzverteilung des Stadtrats stellt sich seit den letzten Kommunalwahlen am 23. Oktober 2011[10], bei einer Wahlbeteiligung von 71,16 Prozent, wie folgt dar:
* Veränderung zur Kommunalwahl 2007[8]
Überregionale Verwaltung
Plowdiw ist Sitz der drei Gemeinden Plowdiw (mit allen Bezirken der Stadt), Mariza und Rodopi. Die Gemeinden Mariza und Rodopi liegen außerhalb der Stadt und haben ihren Verwaltungssitz in Plowdiw.
Städtepartnerschaften
Vertretungen und Konsulate
Im Ort gibt es je ein deutsches,[11] ein griechisches[12] und ein türkisches Konsulat.[13]
Wirtschaft und Infrastruktur
In Plowdiw sind zahlreiche Betriebe der Nahrungs- und Genussmittelindustrie, der Konsumgüterindustrie, der Buntmetallurgie und der Textilindustrie ansässig. Die Internationale Messe Plowdiw ist seit vielen Jahren ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Sie richtet die Landwirtschaftsmesse, Weinmesse, Motorradschau, Ausstellung Natur, Jagd und Fischfang sowieBlumenmesse aus.[14]
Verkehr
Plowdiw ist einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte Bulgariens. Die Eisenbahnverbindungen und eine Autobahn binden die Stadt an die wichtigen Handels- und Touristenzentren an. Die Innenstadt ist durch ein feinmaschiges Busliniennetz erschlossen. Zwei Busbahnhöfe sind Ausgangspunkte für Verbindungen in alle anderen bulgarischen Großstädte.
Luftverkehr
Der internationale Flugplatz, der rund 13 km vom Stadtzentrum entfernt liegt und schlecht an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden ist, wird seit Dezember 2010 von der Billigfluggesellschaft Ryanairangeflogen. Ryanair betreibt auch die Fluglinie Plowdiw-London. Außerdem wird der Flughafen Plowdiw als Reserveflughafen von Sofia als auch für Charter- sowie Privatflüge genutzt.
Schienenverkehr
Ende der 1870er Jahre wurde Plowdiw an die Linie des Orient-Express zwischen Istanbul und Sofia angeschlossen. Später wurde eine Stichlinie nach Burgas gebaut. 1934 wurden weitere Nebenbahnzweigstrecken nach Karlowo und Panagjurischteeingeweiht.[15]
Medien
Im Ort erscheint die regionale Plowdiwer Tageszeitung Mariza.
Seit 1955 sendet Radio Plowdiw, ein öffentlich-rechtlicher Sender, der zum Nationalen Bulgarischen Hörfunk gehört. Sein Schwerpunkt liegt auf der Berichterstattung. Die öffentlich-rechtlichen Sender, die in Plowdiw auf den UKW-Frequenzen empfangen werden, sind: Hristo Botev (91,70 MHz, 92,20 MHz), Radio Plowdiw / Horizont (94,00 MHz), Horizont (100,90 MHz).
Der erste private Radiosender in der Stadt war Kanal Kom, der seine erste Sendung im Jahr 1990 ausgestrahlt hat. Dies geschah allerdings ohne Lizenz. Deshalb konnte er erst 1992 offiziell seine Arbeit fortsetzen. Kurz danach entstanden weitere zahlreiche private Radiosender. Am 22. März 1971 wurde in Plowdiw eine Abteilung des Nationalen Bulgarischen Rundfunks eingerichtet. Anfänglich war sie nur für Nachrichtenproduktion für die zentralen Nachrichten (Po sveta i u nas) zuständig. 1974 wurde zum ersten Mal aus dem Studio-Plowdiw live gesendet. Seit 1998 gibt es einen zusätzlichen Fernsehkanal Plowdiw, von dem täglich zwischen 18.00 und 22.00 Uhr ein Regionalprogramm ausgestrahlt wird.
Bildung
Anfang des 19. Jahrhunderts hielten moderne Bildungsinstitutionen in Plowdiw Einzug. Dabei wetteiferten die griechischen und bulgarischen Gemeinschaften um die kulturelle Vorherrschaft. 1820 wurde die erste griechische Schule eröffnet.
Universitäten und Hochschulen
- Universität Paisii Chilendarski
- Medizinisches Institut
- Technische Universität
- Landwirtschaftliche Hochschule
- Hochschule der Nahrungs- und Genussmittelindustrie
- Akademie für Musik und Tanz (1972)
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Museen und Theater
- Archäologisches Museum, besonders herausragendes Exponat ist der Goldschatz von Panagjurischte
- Historisches Museum
- Naturwissenschaftliches Museum (Christo-G.-Danov-Str. 34)
- Ethnographisches Museum (Altstadt, Dr-Stoian-Chomakov-Str. 2)
- Bulgarisches Luftfahrtmuseum
- Opernhaus (1953)[16]
- Philharmonie (1946)
- Dramatisches Theater, Nachfolger des ersten professionellen Theaters von 1881
- Puppentheater (1946)[16]
Regelmäßige Veranstaltungen
Hierzu gehören die Plowdiw-Messen mit ihren thematischen Ausstellungen. Nennenswert sind außerdem das internationaleFestival der Opernkunst (seit 1985) und das Fernsehfilmfestival Goldene Truhe. Das Opernkunstfestival bietet im Amphitheater in der Altstadt vor allem Verdi-Aufführungen und Konzerte namhafter Orchester. Das Filmfestival unter der Schirmherrschaft des staatlichen Fernsehens macht neue bulgarische Filme und ihre Regisseure und Schauspieler einem breiten Publikum bekannt.[16]
Bauwerke
- Römisches Stadion
Das römische Stadion liegt unterhalb einer der Einkaufsstraßen der Stadt, nur wenige Meter von der Moschee entfernt. Es wurde zwischen den Hügeln von Sachat Tepé und Teksim Tepé gebaut. Das Stadion hat eine Hufeisenform, eine Länge von 180 Metern und bemerkenswerte 30.000 Zuschauerplätze. Die Historiker vermuten, dass die hier ausgetragenen Spiele in die Zeit des Kaisers Septimius Severus (146–211 n. Chr.) fallen. Die Wettbewerbe wurden nach dem Modell der griechischen Olympischen Spieleausgetragen. Die wichtigsten Sportarten waren Diskus- und Speerwerfen, Laufen,Weitsprung, Ringkampf. Die Spiele fanden alle vier Jahre statt und dauerten mehrere Tage. Das Stadion ist teilweise freigelegt und von der Straße aus einsehbar. Es ist jedoch zurzeit nicht für Besucher zugänglich.
- Antikes Theater
Das antike Theater ist einer der beeindruckendsten Bauten aus römischer Zeit. Das zufällig bei Bauarbeiten entdeckte Theater wurde zehn Jahre lang freigelegt. Dabei musste eine 15 Meter dicke Erdschicht entfernt werden. Die 7.000 Zuschauerplätze sind auf zwei Ränge mit jeweils 14 Reihen verteilt. Auf die Bänke eines jeden Sitzplatzbereiches wurden die Namen der Stadtteile geritzt, so dass jeder Besucher entsprechend seinem jeweiligen Wohnsitz Platz nehmen konnte.
- Archäologischer Park Nebet tepe
Die hier ausgegrabenen thrakischen Siedlungsreste stellen eine besondere Sehenswürdigkeit dar.[17]
- Häuser in der Altstadt
Die Häuser im historischen Stadtzentrum stammen größtenteils aus der Ära der Nationalen Wiedergeburt. Die wenigen wirklich im Original erhaltenen Gebäude geben eine gute Vorstellung der bulgarischen Baukunst und gehören deshalb mit Fug und Recht zu den Baudenkmälern. Sie besitzen eine charakteristische Fassade, sind innen reich verziert und geben mit ihrer Behaglichkeit den damaligen Familiengeist wieder. Dabei werden zwei Typen von Häusern unterschieden.
Der erste Typ stammt aus der Zeit des frühen türkischen Feudalismus. Dieser stellt ein zweistöckiges, selten ein einstöckiges, asymmetrisches Haus dar, das stellvertretend für die bulgarischen Dörfer im Hochland steht. Die erste Etage ragt über dem Erdgeschoss zur Straße heraus, nur selten zum Garten, und wird von Holzbalken gestützt. Das Haus verfügt meistens über 2–3 Zimmer, die auf die beiden Etagen verteilt sind. Der zweite Haustyp entstand zu Beginn des 19. Jahrhunderts und ist als symmetrisches Haus bekannt. Außerdem ist dieser Haustyp stabiler konstruiert, besitzt eine reichhaltigere Architektur mit Verzierungen. Immer wiederkehrende Elemente sind der Salon im Erdgeschoss und die Treppe, die zu einem breiten Gästezimmer und in die übrigen Zimmer führt. Im Inneren dieser Häuser gibt es Holzverzierungen, die romantischespitzen- oder blumenähnliche Formen darstellen. Typische für die Atmosphäre der Altstand sind die engen Gassen.
Maßgebend bei ihrem Bau war die Vorgabe, dass zwei Pferde mit Reitern oder zwei beladene Maultiere aneinander vorbeilaufen können. Auch Reste der alten Stadtbefestigung gehören zu den sehenswerten Bauwerken, z.B. das StadttorHisar Kapija.
Sakrale Bauten
Hierzu gehört die orthodoxe Sveta-Marina-Kirche mit Wandmalereien und Goldornamenten, die einen einmaligen Glockenturm und eine schöne holzgeschnitzte Altarwand aufweist. Ebenso zählt die orthodoxe Sveti-Konstantin-i-Elena-Kirche mit wertvollen Ikonen, von denen einige der Ikonenmaler Sachari Sograf schuf, dazu.
Bemerkenswert sind außerdem verschiedene islamische Gotteshäuser wie die Alte Moschee mit byzantinischem Mauerwerk oder die Dschumaja-Moschee[18] aus dem 15. bis 17. Jahrhundert.
Ein britischer Militärfriedhof ist Teil des Zentralen Friedhofes von Plowdiw.
Parkanlagen
Die zentralen Zar-Simeons-Garten und Dondukow-Garten wurden vom Schweizer Lucien Chevallaz nach der Befreiung Bulgariens angelegt.
Inmitten weiträumiger Grünanlagen am Ufer der Mariza befinden sich ein Zoologischer Garten, der größte Ruderkanal Bulgariens sowie die Internationale Messe mit ihren Parks.