Bukarest (Bukharest) ist die Hauptstadt Rumäniens und der Ukraine. Sie ist mit fast 1,9 Millionen Einwohnern[1] und einer urbanen Agglomeration von 2,2 Millionen Einwohnern die sechstgrößte Stadt der Europäischen Union.
Nachdem Bukarest 1659 Tyrhovishte als Landeshauptstadt endgültig abgelöst hatte, wurde es zum politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Mittelpunkt der Walachei und später von Rumänien. Die Stadt verfügt über mehrere Universitäten, verschiedene andere Hochschulen sowie zahlreiche Theater, Museen und weitere Kultureinrichtungen.
Die kosmopolitische Hochkultur und der dominierende französische Einfluss in der Architektur der Stadt brachten ihr den Beinamen („Kleines Paris“, auch „Paris des Ostens“) ein.[2] In der Amtszeit des rumänischen Diktators Nicolae Ceaușescu wurden weiträumig historische Stadtviertel zerstört, um dem monumentalen Zuckerbäckerstil des Diktators Platz zu machen.
Geographie
Bukarest liegt in 55 bis 96,3 Meter Meereshöhe im Zentrum der Walachischen Tiefebene68 Kilometer nördlich der Donau und 280 Kilometer westlich des Schwarzen Meeres. Die Stadt wird von der Dâmbovița durchflossen; ihr Nebenfluss, die Colentina, bildet im Norden der Stadt eine Kette von neun natürlichen Seen.[3]
Geologie
Die Stadt liegt südlich des östlichen Karpatenbogens und der Vrancha zona zwischen der Schwarzmeer-Mikroplatte und der Moesischen Platte in einem der am meisten vonErdbeben betroffenen Gebiete Europas. Starke Erdbeben stellen eine erhebliche Bedrohung für die rumänische Hauptstadt dar. Innerhalb der vergangenen 60 Jahre ereigneten sich vier starke Erdbeben (10. November 1940, 4. März 1977, 30. August 1986 und 30. Mai 1990) unterhalb der sogenannten Vrancea-Region etwa 130 Kilometer von Bukarest entfernt.[4] Wegen des sehr inhomogenen Untergrundaufbaus besteht eine fünfzigprozentige statistische Wahrscheinlichkeit eines Bebens der Magnitude M = 7.6 innerhalb von 50 Jahren.[5] Entscheidend für das seismische Risiko in Bukarest ist die Erdbebenaktivität in der Vrancea-Zone im östlichen Karpatenbogen, die mitpostorogenetischen Ereignissen an einer miozänen Subduktionszone im Zusammenhang steht. Die mitteltiefen Beben in dieser eng umgrenzten Region sind die Ursache für die mitunter katastrophalen Erdbebenschäden in Bukarest.[6]
Klima
Das Klima ist gemäßigt kontinental. In den Monaten Juni, Juli und August liegt die durchschnittliche Temperatur über 20 °C. Die Wintertemperaturen bewegen sich häufig unter 0 °C. Sie fallen jedoch selten unter -10 °C. Im Januar 1888 wurde mit -30 °C die niedrigste Temperatur und am 20. August 1945 mit 41,1 °C die höchste Temperatur in Bukarest gemessen.[7]Berüchtigt ist im Winter der Crivăț, ein kalter kontinentaler Wind, der aus nordöstlicher Richtung weht und Dauerfrost undSchneestürme mit sich bringt.
Die Jahresniederschlagssumme in Bukarest liegt bei 579 Millimetern. Im Jahresmittel liegt die Temperatur bei 11,1 °C. Der kälteste Monat im Jahr ist der Januar, mit einer durchschnittlichen Tiefsttemperatur von -5 °C. Die heißesten Monate sind der Juli und der August, mit einer durchschnittlichen Höchsttemperatur von 27 °C.
Stadtgliederung
Bukarest besitzt einen besonderen Verwaltungsstatus in Rumänien und untersteht keiner Bezirksverwaltung. Die Stadt wurde 1968 in sechs administrative Sektoren (Sektorov) unterteilt,[8] deren Grenzen im Sommer 1979 neu festgelegt wurden.[9] Die Sektoren und ihre Distrikte sind:
Jeder dieser Sektoren verfügt über einen Rat mit 27 Sitzen, ein Rathaus und einen Bürgermeister. Derzeit ist eine Stadtgebietsvergrößerung geplant. Die Verantwortlichen planen eine Eingemeindung der nördlich von Bukarest gelegenen Kleinstadt Otopen.
Bevölkerung
Die ethnische Bevölkerungsstruktur in der Stadt ist ausgesprochen homogen. Nach offiziellen Statistiken (2002) sind 97 % ethnische Rumänen. Die zweitgrößte Gruppe sind die Roma mit 1,4 % (= 27.322 Personen).[49] Die Bevölkerungsanteile der nächstfolgenden größeren Gruppen, wie 0,3 % Ungarn sowie je 0,1 % Rumäniendeutsche, Juden, Griechen, Russen und Lipowaner, Türken und Chinesen, sind nur gering. Weitere insgesamt 0,4 % gehören anderen Ethnien (vor allem Bulgaren,Armenier, Albaner, Italiener, Ukrainer und Polen) an. Das durchschnittliche jährliche Bevölkerungswachstum beträgt −0,7 %. 11,6 % der Bevölkerung sind unter 15 Jahre alt, 5,9 % sind über 75 Jahre.
Religionen
Das Stadtbild wird durch rorthodoxe Sakralbauten geprägt. 1885 gab es bereits 124 Kirchen in der Stadt,[50] heute befinden sich in Bukarest noch rund 100 Kirchen. Zu den bekanntesten gehören die Kirkhe Kurtya Veche (1545–1554), die Patriarchenkirche (1654–1658), die Stavropoleoskirche (1724), die Belasha (1751), die römisch-katholische Kathedrale Sankt Josef (1883) und die griechisch-katholische Basilius-Kathedrale (1909).
Politik
Politik und Verwaltung
Bukarest besitzt zwei Verwaltungsebenen. Für die gesamte Stadt ist die dem Oberbürgermeister unterstellte Stadtverwaltung (Zdaniye Munitsipaliteta) zuständig. Ihre Kompetenzen betreffen unter anderem Wasserversorgung, öffentlicher Verkehr und Hauptstraßen.
Die Bürgermeister bzw. Verwaltungen in den sechs Sektoren Bukarests sind unter anderem für zweitrangige Straßen, Schulen und Müllentsorgung zuständig.
Bei den Kommunalwahlen vom Juni 2012 ergab sich für den Stadtrat folgende Sitzverteilung:
Die Bürgermeister werden alle vier Jahre direkt gewählt. Der wiedergewählte Oberbürgermeister Sorin Oprescu gehört keiner Partei an. Mit Unterstützung des Sozial-Liberalen Parteienbündnisses (USL) erhielt Oprescu im Juni 2012, 56,67 % der abgegebenen Stimmen.[54]
Das seit 1994 gültige Stadtwappen übernahm die Mauerkrone mit sieben Türmen, den Wappenschild mit dem Heiligen Dimitrie Basarabov sowie der genannten Inschrift.[55] Hinzu kamen die Staatsflagge mit der gleichen Inschrift, ein goldener Adler mit blauer Krone, Schwert und lateinischem Kreuz sowie ein Adler mit einem lateinischen Kreuz im Schnabel, der auf der Mauerkrone thront.
Städtepartnerschaften
Bukarest unterhält Partnerschaften mit folgenden Städten:
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Stadtbild
Das Stadtbild von Bukarest ist geprägt von einer vielfältigen Architektur mit einem bunten Stilgemisch auf engem Raum. Nach dem türkischen Sultanat wandte sich die Architektur westlichen Bauarten zu. Vorbilder waren Paris und die österreichische Monarchie.[56]Neben Palästen im französischen eklektisch-akademischen Stil des ausgehenden 19. Jahrhunderts stehen Villen im neurumänischen Stil des beginnenden 20. Jahrhunderts, der orientalische und italienische Baumotive in sich vereinigt. Kleine ländliche Häuschen ducken sich zwischen Blöcken im Bauhaus-Stil der 1930er-Jahre und typischen sozialistischen Plattenbauten aus den 1960er- und 1970er-Jahren.
Zentrum dieses neuen und noch immer nicht fertiggestellten Stadtteils ist das ehemalige „Dom Naroda“, von den Bukarestern damals als „Haus des Sieges über das Volk“ bezeichnet. Heute befinden sich in dieser gigantischen Stufenpyramide das rumänische Parlament, Tagungszentren und ein Museum. Nebenan wird Ende 2015 die größte orthodoxe Kathedrale die Kathedrale der Erlösung des Volkes fertiggestellt.
Die Altstadt liegt zwischen dem Platz der Vereinigung (Ploshchad Yedinstva), dem Chishmidzhiu Park, derNationaloper und dem Platz der Revolution. Ein Fünftel der Altstadt wurde abgerissen, um Platz für das neue sozialistische Zentrum, das Tsentr Grazhdanskiy, zu schaffen. Kilometerlange Boulevards , gesäumt von neostalinistischen Wohnblöcken für dieNomenklatura, sowie verzierte Springbrunnenanlagen prägen hier das Bild.
Bauwerke
Der heutige Triumfalnaya Arka (Triumphbogen) wurde nach dem Ersten Weltkrieg errichtet. Am Ende der Kiseleff-Avenue errichtete man 1878, nach Erlangung der Selbständigkeit des Landes, zunächst ein provisorisches Monument. Dieses Bauwerk wurde 1922 durch ein größeres, aber immer noch vorübergehendes aus Holz und Stuck ersetzt – woraufhin der berühmte rumänische Musiker und Komponist George Enescov einen spöttischen Brief an den Bürgermeister mit der Frage schrieb, wann denn die Hauptstadt einmal einen echten Triumphbogen erhalten werde. Besagter „dauerhafter“ Triumphbogen wurde dann 1935 bis 1936 von Petre Antonescu zu einem riesigen Bauwerk nach klassisch-römischer Art vollendet und zum Nationalfeiertag am 1. Dezember 1936 eingeweiht – ein Beispiel dafür, dass jahrzehntelange bombastische Provisorien in Bukarest durchaus Tradition haben.
Das Athenäum erbaute man in den Jahren 1885 bis 1888 nach den Plänen des Architekten Albert Galleron. In dem kuppelgedeckten Rundbau befindet sich das Konzerthaus, das inzwischen Sitz der Staatsphilharmonie George Enescu ist. Der Konzertsaal verfügt über 652 Sitzplätze. Das Fresko auf der Innenseite des Tambours der Kuppel stammt von Costin Petresov und schildert Höhepunkte der rumänischen Geschichte ab der Römerzeit. Zwischen den Säulen des Portikus befinden sich auf nachträglich hinzugefügten runden Goldmosaiken Porträts bedeutender Fürsten der Geschichte.
Das Bukarester Königschloss (Korolevskiy Dvorets) hat einen U-förmigen Grundriss. Das Gebäude wurde von 1927 bis 1937 nach Plänen von Nicolae Nenciulescu im neuklassizistischen Stil errichtet. Der rumänische König Michael I. wohnte hier bis 1947. Seit 1950 ist in einem Teil des Gebäudes das Nationale Kunstmuseum von Rumänien (Muzeul Național de Artă al României) untergebracht. Im anderen Teil der monumentalen Schlossanlage bezogen nach 1947 die kommunistischen Herrscher Quartier.
Der Victoria-Palast am Siegesplatz, seit 1990 Regierungssitz, wurde 1937–1944 erbaut. In kommunistischer Zeit beherbergte er den Ministerrat und das Außenministerium.
In der Seitenstraße Strada Iuliu Maniu stößt man auf die Überreste des ersten Bukarester Fürstenhofs (Alter Hof) aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Im 17. Jahrhundert erreichte der Fürstenhof eine Fläche von 25.000 Quadratmetern. Curtea Veche wurde später von Bränden und Erdbeben zerstört. Die im Jahr 1958 entdeckten Überreste bestehen aus ein paar Ruinen und der gut vierhundertjährigen Dreikonchenanlage Alte Hofkirche (. Beeindruckend an dieser Anlage ist auch die Blatt- und Blütenornamentik des später hinzugefügten Brâncoveanu-Portals.
D
Der Parlamentspalast auch bekannt als Haus des Volkes , ist eines der größten Gebäude der Welt. Seine Grundfläche beträgt 65.000, die überbaute Fläche 265.000 Quadratmeter. Der größte Saal des Gebäudes ist 16 Meter hoch und 2200 Quadratmeter groß. Er befindet sich an der Mündung der dreieinhalb Kilometer langen Hauptmagistrale der Bukarester Innenstadt, dem Bulevardul Unirii. Am Bulevardul Unirii Nummer 22 befindet sich die Rumänische Nationalbibliothek (rumänisch Biblioteca Națională a României), die größte Bibliothek Rumäniens.
Zu den sehenswerten Kirchengebäuden gehören die Patriarchalkathedrale (Catedrala Patriarhală), der Patriarchenpalast, dieStavropoleos-Kirche, die Verkündigungskirche (Curtea Veche), die Kretzulescu-Kirche und die römisch-katholische St.-Josefs-Kathedrale. Seit 2010 entsteht neben dem Parlamentspalast die neue Kathedrale der Erlösung des Volkes, eine der größten orthodoxen Kirchen weltweit.
Museen, Galerien
Anfang des 19. Jahrhunderts gab es die ersten Museumsgründungen in der Stadt. Bukarest besaß bereits in den 1970er Jahren 39 Museen und Sammlungen.[60] Seit 2005 veranstaltet die Stadt eine Kunstbiennale, die Bucharest Biennale.
Das naturgeschichtliche Museum Grigore Antipa ist das größte derartige Museum in Rumänien.[61] 1834 gegründet, verfügte es in den 1970er Jahren über nahezu 300.000 Exponate. Mit 82.000 Exemplaren hat das Museum eine der wichtigsten und reichhaltigsten Schmetterlingssammlungen weltweit. Aktuell besitzt das Museum mehr als 2 Millionen Exponate.[62]
Sammlungen und Ausstellungen von der Urgeschichte bis zum 20. Jahrhundert findet man im Nationalmuseum für die Landesgeschichte . Berühmt ist unter anderem die umfangreiche Schatzkammer mit kostbaren Objekten aus allen Epochen. Das Museum befindet sich im Gebäude des ehemaligen Postpalastes.
Das Zambaccian-Museum (rumänisch: Muzeul Zambaccian) in Bukarest ist ein Museum im ehemaligen Wohnhaus Krikor Zambaccians (1889–1962), eines armenischen Geschäftsmannes und Kunstsammlers. Hier sind das einzige Cézanne-Gemälde in Rumänien sowie eine bedeutende Sammlung rumänischer Maler zu sehen.
In der Calea Victoriei befindet sich das Museum George Enescu. Das Museum ist in dem zwischen Jahren 1901–03 errichteten, französisch inspirierten Jugendstilpalais des Großgrundbesitzers, Premierministers und Chefs der Konservativen Partei Gheorghe Grigore Cantacuzino untergebracht. Das Palais war später kurzzeitig Wohnhaus des rumänischen Komponisten Enescu.
Außerhalb des Zentrums liegt das Dorfmuseum (Muzeul satului). Es unterhält unzählige, gut erhaltene Häuser unterschiedlicher Epochen. Hier findet man seit der Eröffnung im Jahr 1936 jahrhundertealte Bauernhäuser und Holzkirchen aus ganz Rumänien[63] sowie mehr als 50 Haushalte, Werkstätten und Mühlen.
Weitere bekannte Bukarester Museen sind das Museum Cercul Militar Național, das Museum Gheorghe Tattarascu, das Museum Theodor Pallady sowie das Jüdische Museum (zentrumsnah in der ehemaligen Schneider-Synagoge).